Wie erfolgte die Aufnahme einer jungen Frau in das Kloster?


 

In die Abtei St. Jöris wurden nur adelige Jungfrauen aufgenommen. Dazu muss man berücksichtigen, dass die Welt des Mittelalters eine aristokratische Welt war. Staat, Kirche und Gesellschaft wurden vom Adel beherrscht. Diese Welt bestand so bis zur Französischen Revolution.

Die Aufnahme in den Orden vollzog sich in mehreren Schritten. Wer in das Kloster eintreten wollte, musste der Welt entsagen und somit auf Vermögen und Erbansprüche verzichten. Bei der Aufnahme der Kandidatin forderte die Abtei eine Mitgift. Damit sollte die Versorgung der zukünftigen Nonne sichergestellt sein. Das Kloster erhielt hauptsächlich Liegenschaften, Hofgüter, Häuser, Wiesen, Äcker, aber auch Bargeld.

An der äußeren Pforte begehrte die Kandidatin bei der Pförtnerin Einlass und betrat das ummauerte Klostergelände. In das eigentliche Wohnhaus der Nonnen gelangte sie durch die innere Klosterpforte. Sobald sich diese Pforte schloss, war dies der Abschied von der Welt. Hier begann die Klausur, der Bereich, den kein Außenstehender betreten durfte.

 

In allen Räumen der Klausur galt ein striktes Schweigegebot. Gesprochen werden durfte nur in einem dafür vorgesehenen Raum, dem Parlatorium. Ansonsten verständigten sich die Nonnen mit Zeichen.

 

Es folgte eine Probezeit, in der die Kandidatin das Kloster und das Leben dort näher kennen lernen sollte. Wenn die Kandidatin entschlossen war zu bleiben, folgte die feierliche Einkleidung. An diesem Festtag trug die Kandidatin wie eine Braut ein hochzeitliches Kleid und Brautschmuck. Die eigentliche Einkleidung begann mit der Zeremonie des Haareabschneidens. Danach kniete sich die Kandidatin vor der Äbtissin nieder und empfing das weiße Gewand (Habit in Form einer Tunika) der Zisterzienserinnen. Als Novizin erhielt sie einen weißen Überwurf (Skapulier) und einen weißen Schleier.

 

Nun folgte das Novizenjahr, in dem die Novizin intensiv in das Ordensleben eingeführt wurde. Die Tage waren ausgefüllt mit Unterricht, z.B. Lesen in der Bibel und in den Schriften der Kirchenväter, Lernen der Ordensregeln, Auswendig lernen von Gebeten, Psalmen und Gesängen in lateinischer Sprache, Mitarbeit und Mitleben des klösterlichen Tages.

 

 

Ordenskleider der Zisterzienserinnen.

Quelle: http://marienstern.de/ordensleben/ordenskleider

 

Nach Ablauf des Jahres konnte sich die Novizin durch die zeitliche Profess für zunächst drei Jahre an Gott und das Kloster binden. Nach dem Gelübde legte die Novizin den weißen Schleier ab und erhielt die schwarzen Gewandstücke: den Schleier (Velan), den Gürtel (Cingulum) und den Überwurf (Skapulier). Die Ausbildung wurde weitergeführt, das klösterliche Leben vertieft.

 

Wenn die Novizin nach den drei Jahren gewillt war, sich auf Lebenszeit an Gott, an die Klostergemeinschaft und an den Orden zu binden, erfolgte das hohe Fest der ewigen Profess: Während des Hochamtes kniete die Novizin im Gebet vor dem Hochaltar. Dann warf sie sich auf ihr Angesicht nieder und verharrte so eine Zeit lang. Sie erhob sich schließlich und verlas den Text ihres Gelübdes. Danach unterschrieb sie die Urkunde und legte sie auf den Altar. Mit dieser Urkunde gelobte sie Beständigkeit, Gehorsam und klösterlichen Lebenswandel nach den Regeln des hl. Benedikt. Damit ordnete sie sich ganz dem Orden unter und es gab kein Zurück mehr in die Welt außerhalb der Klostermauern. Von nun an besaß sie als Nonne Sitz und Stimme in der Klostergemeinschaft, dem Konvent.

 

Mit diesen Schritten erfolgt noch heute die Aufnahme in die Gemeinschaft eines Zisterzienserinnenklosters.


  zurück