Chronik des K.St.V. Alania-Breslau zu Aachen im KV
1933 - 1946

30. 01. 1933

Reichspräsident Paul von Hindenburg ernennt Adolf Hitler zum Reichskanzler. Sogenannte "Machtergreifung".

28. 02. 1933

Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes am Abend des Vortages unterzeichnet von Hindenburg die "Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat", mit der die Grundrechte außer Kraft gesetzt werden.

SS 1933

Es machen sich Bestrebungen bemerkbar, die Vielfalt des studentischen Vereinslebens zugunsten einer Zwangsorganisation einzuengen.

Zu Beginn des Sommersemesters gilt an den Hochschulen das neue Studentenrecht. An die Stelle des AStA tritt die "Bündische Kammer", in der nur der NS-Studentenbund (NSDStB) und die Korporationen Sitz und Stimme haben. Nun bestimmt ein Studentenführer in alleiniger Verantwortung, welche Arbeiten in der Studentenschaft während des Semesters durchgeführt werden müssen.

22. 04. 1933

Hitler erlässt das "Reichsgesetz zur Bildung von Studentenschaften". Zum Zweck der politischen Schulung sollen die beiden ersten Semester in sogenannten Wohnkameradschaften in Kameradschaftshäusern wohnen.

07. 05. 1933

Es ergeht die Anweisung durch den VOP des KV, dass jeder ortsansässige Aktive am Wehrsport teilnehmen soll, entweder bei der SA, beim Stahlhelm oder auch bei der SS.

10. 05. 1933

Unter Führung des NSDStB findet auf dem Opernplatz in Berlin und in vielen anderen deutschen Städten die öffentliche Bücherverbrennung statt, als "Aktion wider den undeutschen Geist".

17. - 18. 06. 1933

Zum 28. Stiftungsfest zählt die Aktivitas 86 Mitglieder: 6 Füchse, 13 aktive Burschen, 20 ortsansässige inaktive Burschen und 47 auswärtige inaktive Burschen.
Eigentlich Selbstverständliches wird erstmals in einem Semesterbericht festgehalten: Die Aktiven nehmen am Antritts- und Schlußgottesdienst, an der Maiandacht, am akademischen Missionsgottesdienst und an der Fronleichnamsprozession teil.

Im Schwarzen Brett der AMs heißt es dann weiter: "An einem politischen Ausspracheabend unter Leitung des Philisterseniors AH Dr. Willy Scholz bekannte sich die Korporation zu den großen Aufgaben, die ihr in religiöser, nationaler und sozialer Hinsicht im neuen Deutschland gestellt sind. Sie ordnet sich bewußt in die Gesamtheit aller aufbauwilligen Kräfte der Nation ein. 12 BbBb gehören der SA an. Die übrigen Bundesbrüder beteiligen sich in 5 Wochenstunden am Wehrsport."

08. 07. 1933

Der Führer der Deutschen Studentenschaft (DSt) bestellt den VOP des KV, Dr. Konstantin Hank, zum Verbandsführer des KV. Die DSt ist die öffentlich-rechtlichen Vertretung der Studenten und wird seit 1931 von Nationalsozialisten geführt.

20. 07. 1933

Zwischen dem Deutschen Reich und dem Vatikan wird das Reichskonkordat (Staatskirchenvertrag) abgeschlossen.

22. 07. 1933

Auf Anweisung des Verbandsführers des KV muss anstelle des demokratischen Konventsprinzips für alle Korporationen das Führerprinzip eingeführt werden. Dazu vermerkt im September 1933 das Schwarze Brett in den Akademischen Monatsblättern:
"An der Spitze jedes Kartellvereins steht in Zukunft ein dem Verbandsführer verantwortlicher Korporationsführer, der die Leitung der Altherrenschaft wie der Aktivitas inne hat." Korporationsführer der Alania wird AH Willy Scholz.

Der jeweilige Korporationsführer muss vom Verbandsführer bestätigt werden. Durch diesen Korporationsführer wird der von der Aktivitas gewählte Senior in eine untergeordnete Stellung gedrängt, so dass er schon bald keinerlei Befugnisse mehr hat. Die Konvente haben nur noch beratende Funktion.

Das Ziel dieser Verfügung ist die Gleichschaltung der studentischen Vereine und des einzelnen Studenten. Übernommen werden müssen ebenfalls das großdeutsch-völkische Prinzip, das arische Prinzip und das Wehrprinzip.

Studenten, die in eine Korporation aufgenommen werden möchten, müssen den sogenannten "Ariernachweis" erbringen. Es erfolgt dabei eine Prüfung der arischen Abstammung auf drei Generationen zurück.

03. 09. 1933

Auf Druck der Partei beschließen die Verbandsführer des KV und des RKDB in der sogenannten "Frankfurter Vereinbarung" die Vereinigung beider Verbände zum Kartellverband der Katholischen Verbindungen (KB).

Der Ring Katholischer Deutscher Burschenschaften (RKDB) ist ein Korporationsverband katholischer farbentragender und nichtschlagender Studentenverbindungen.

Mit dieser angeordneten Vereinigung strebt die NSDAP ebenfalls eine bessere Kontrolle über die Korporationen an.

11. 10. 1933

Nach einem Erlass müssen nun alle Korporationen Wohnkameradschaften einrichten, in denen die Studenten kasernenmäßig untergebracht werden können.

1934

Sämtliche Korporationen in Breslau sind in der "Gemeinschaft studentischer Verbände Breslaus" zusammengefasst.

AH Josef Machon ist von 1923 - 1933 Bürgermeister und Kurdirektor von Bad Landeck. Danach ist er kommissarischer Bürgermeister von Bad Reinerz . 1934 wird er von den Nationalsozialisten abgesetzt.

20. 01. 1934

Der Kartellverband der katholischen Verbindungen (KB) wird dem Reichsführer der Deutschen Studentenschaft (DSt) unterstellt. Der Reichsführer der Deutschen Studentenschaft bestätigt und beruft die Führer der Verbände.

31. 01. 1934

Auf Anordnung des Verbandsführers muss der Kartellverband der katholischen Verbindungen (KB) das Prinzip "religio" aufgeben.

Februar 1934

Gestapo und Vertreter des NSDStB beschlagnahmen sämtliche Akten und Protokollbücher der Breslauer Studentenverbindungen. Die Unterlagen können aber bald wieder zurückgeholt werden, da nichts Belastendes zu finden ist.

17.-18.02. 1934

Auf dem Führertag (Generalversammlung, heute Vertreterversammlung) des KB in Stuttgart wird der KB in "Kartellverband Deutscher Burschenschaftlicher Verbindungen" (KV) umbenannt. Die Prinzipien sind: Gott, Volk, Reich. Der Wahlspruch lautet: "Mit Gott für deutsche Ehre."

Der Korporationsführer der Zollern, AH Karl Kaizik, nimmt als Vertreter von Alania, Zollern und Franko-Silesia an der Tagung teil.

Die katholischen Studentenvereine wollen in Zukunft auch weiterhin nur solche Studenten aufnehmen, die auf dem Boden des Christentums stehen. Die Möglichkeit, auch Nichtkatholiken aufzunehmen, soll als Bekenntnis zur Volksgemeinschaft gewertet werden.

21. 03. 1934

Durch den Zwang, bis zum Beginn des Sommersemesters Wohnkameradschaften einrichten zu müssen, wird die Situation für alle Korporationen sehr schwierig, die nicht über geeignete Räumlichkeiten verfügen.

Um Alania möglichst lange als Korporation zu erhalten, kommen im Alanenheim 22 Alte Herren unter der Leitung des Korporationsführers AH Dr. Willy Scholz zusammen, um über die ernste Lage zu beraten.

Unitas besitzt ein eigenes Haus und das Heim der Franko-Borussia besteht aus einer kompletten Etage. Beide Vereine können ohne Probleme die geforderte Wohnkameradschaft einrichten.

Schwierig ist es jedoch für die beiden zahlenmäßig kleineren Vereine Franko-Silesia (ca. 40 AHAH) und Zollern (ca. 60 AHAH). Auch das Alanenheim ist nicht groß genug, um dort eine Wohngemeinschaft einrichten zu können.

Trotz intensiver Suche können Alania (ca. 150 AHAH) und Zollern keine geeignete Wohnung finden, weshalb die Verhandlungen über eine Zusammenlegung der beiden Korporationen ins Stocken geraten. Da bietet Franko-Silesia an, ihre Etagenwohnung für alle drei Vereine als Wohnkameradschaft zur Verfügung zu stellen.

21. 04. 1934

Aktive und Alte Herren der drei Vereine kommen zu einer Besprechung zusammen, in der sich Alania, Franko-Silesia und Zollern zu einer größeren Korporation zusammenschließen.

Die Namensfindung für die neue Korporation bereitet zunächst große Probleme. Kein Verein möchte seinen Namen und damit die eigene Identität aufgeben.

Um den Anschein einer Neugründung zu vermeiden, und um möglichen Schwierigkeiten mit den Hochschulbehörden aus dem Wege zu gehen, darf kein neuer Name oder eine Kombination aus den alten gewählt werden. Es muss daher einer der drei bestehenden Namen ausgewählt werden.

Franko-Silesia als jüngster Verein verzichtet auf ihren Namen. Nach langen Verhandlungen einigt man sich darauf, dass die neue Korporation den Namen des ältesten und zahlenmäßig stärksten Vereins übernimmt und sich von nun an D.B.V. Alania (Deutsche Burschenschaftliche Verbindung Alania) nennt. Selbstverständlich sollen die Traditionen der drei alten Vereine gewahrt und fortgeführt werden.

Die Kosten für die Ausstattung der Wohnkameradschaft werden von den drei Philistervereinen getragen.
Die Alanenetage in der Salzstraße muss aufgegeben werden. Ebenso muss Zollern sein Heim aufgeben.

Franko-Silesia besitzt in der Altbüßerstraße 10/12 eine sehr große Etagenwohnung, die sogar einzelne Wohnräume hat. Die Wohnung wird nun mit Möbeln, Büchern und anderem Inventar der alten Verbindungen gemäß den Anforderungen als Wohnkameradschaftsheim (Zimmer für mehrere Studenten mit Etagenbetten und Spinden etc.) eingerichtet.

Hier müssen nun die ersten beiden Semester zusammen wohnen, ihre Mahlzeiten einnehmen und unter der Anleitung eines älteren Bundesbruders einen gemeinsamen Tagesablauf absolvieren, u.a. mit Frühsport, Wehrerziehung und politischer Schulung.
Es ist sogar geplant, den Kameradschaftsangehörigen eine besondere Tracht zu verordnen: schwarze Hose, Braunhemd und graue Jacke.

In der neuen Alania kann sich aber unter diesen Umständen ein Korporationsleben wie früher nicht entwickeln. Auch die Aufnahme neuer Miglieder wird immer schwieriger.

Zudem werden korporierte Studenten angefeindet. Der NS-Studentenbund droht mit Repressalien, z.B. mit der Nichtzulassung zum Studium oder zu den Examina.

SS 1934

Tagesablauf in einer Wohnkameradschaft:
7 Uhr Aufstehen und Frühsport, 7.30 Uhr Morgengebet und Frühstück. Von 8 Uhr bis 13 Uhr Studium und Besuch der Vorlesungen, 13:15 Mittagessen in der Mensa, 15 Uhr Studium, 19.15 Abendessen in der Mensa, 22.30 Uhr Zapfenstreich.
Montags 20 Uhr Besuch von politischen und allgemeinbildenden Voträgen, dienstags 20 Uhr Kameradschaftsabend, mittwochs 17 Uhr wissenschaftlicher Vortrag, donnerstags 14 bis 21 Uhr Wehrsport und SA-Dienst.

31. 05. 1934

Noch ist aber bei Unterrichtung des NSDStB möglich, freiwillig an der Fronleichnamsprozession teilzunehmen und sogar zu chargieren.

18. 07. 1934

Rudolf Heß, Stellvertreter des Führers, verfügt, dass der NSDStB aus der Zuständigkeit des Reichsjugendführers herausgenommen und ihm unmittelbar unterstellt wird.

02. 08. 1934

Reichspräsident von Hindenburg stirbt. Hitler macht sich als "Führer und Reichskanzler" zum Staatsoberhaupt.

01. 10. 1934

Alle Korporationen, die bis zu diesem Datum noch kein Kameradschaftsheim errichtet haben, müssen von den Rektoren der Universitäten suspendiert werden.

12. 01. 1935

Auf dem Ordentlichen Waffenstudententag des Allgemeinen Deutschen Waffenrings (ADW) in Berlin gründen die Mitgliederverbände die "Gemeinschaft studentischer Verbände" (GStV). Der ADW ist ein Zusammenschluss mehrerer Dachverbände von mensurschlagenden Studentenverbindungen. Die Mitglieder des ADW wollen mit der Gründung der GStV das Waffenstudententum erhalten. Führer der GStV wird der Verbandsführer des Miltenberger Rings, Staatssekretär Heinrich Lammers, Chef der Reichskanzlei.

In einem Aufrauf des GStV heißt es: "Die Gemeinschaft der studentischen Verbände ist aus dem aufrichtigen Wunsch entstanden, durch gemeinsame Arbeit dem nationalsozialistischen Staat besser zu dienen als es der einzelne Verband allein vermag." Die GStV bekennt sich weiter zum deutschen Korpsstudententum, sieht sich aber auch als "wertvoller Diener der nationalsozialistischen Bewegung an den deutschen Hochschulen."

Frühjahr 1935

Reichsjugendführer Baldur von Schirach verbietet den Angehörigen der Hitlerjugend (HJ), in eine studentische Korporation einzutreten.

07. 03. 1935

Der Reichminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung verfügt, dass alle reichsdeutschen und arischen Abiturienten und Abiturientinnen ab dem 01.04.1935 vor Studienbeginn ein halbes Jahr Arbeitsdienst leisten müssen .

12. 03. 1935

Die GStV wird von Hitler und vom NSDStB als alleinige Vertreterin der studentischen Verbände anerkannt. Die weltanschauliche und politische Schulung der Studenten obliegt aber alleine dem NSDStB.

28. 03. 1935

Der Kartellverband der katholischen Studentenvereine (KV) und der Cartellverband der katholischen deutschen Sudentenverbindungen (CV) (beide nichtschlagend) treten der Gemeinschaft der studentischen Verbände (GStV) bei.

10. 05. 1935

An der Beerdigung von AH Zahnarzt Dr. Willi Lellmann (Aln) in Breslau nimmt eine große Zahl von Aktiven und Alten Herren teil. Es chargieren Alania und Zollern.

SS 1935

Die D.B.V. Alania feiert das Stiftungsfest in kleinem Rahmen. Es ist das 30. Stiftungsfest der alten Alania. Senior der Aktivitas ist Georg Gomolka (Zo). Korporationsführer ist AH Dr. Willy Scholz (Aln).

26. 06. 1935

Das Gesetz für den Reichsarbeitsdienst (RAD) tritt in Kraft. Alle männlichen Jugendlichen zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr sind zum halbjährigen Arbeitsdienst verpflichtet. Die gesetzliche Einführung der Dienstpflicht für die weibliche Jugend erfolgt 1939.

15. 07. 1935

In der Reichskanzlei findet eine Besprechung statt, an der Hitler, sein Stellvertreter Rudolf Heß und dessen Stabschef Martin Bohrmann, sowie Dr. Ley als Organisationsleiter der NSDAP, Albert Derichsweiler (CV) als Leiter des NSDStB, Heinrich Lammers als Führer der GStV und Dr. Wagner als Beauftragter der NSDAP für Hochschulfragen, teilnehmen. Die Teilnehmer kommen zu dem Ergebnis, dass in den Korporationen keine nationalsozialistische Erziehungsarbeit geleistet werden kann. Diese Feststellung besiegelt praktisch das Ende der Korporationen.

08. 09. 1935

Die GStV wird aufgelöst.

20. 11. 1935

In Hannover löst sich der zwangsfusionierte Kartellverband der katholischen Verbindungen (KV) wieder auf. Zuvor haben bereits am 31. März 1935 einige ehemalige Korporationen den RKDB unter dem Namen Ring-Kartell Deutscher Burschenschaften neu gegründet.

SS 1936

Zu Beginn des Semesters erfolgt ein Wechsel der Ämter.
Das Amt des Korporationsführers der D.B.V. Alania überenimmt AH Dr. Josef Machon (Aln). Unterstützt wird er bei seiner Arbeit von den AHAH Dr. Karl Kasperowitz (Aln) und Georg Fürst (Aln).

Senior der Aktivitas wird AH Dr. med. Georg Kindler (Fr.-S). Er hat nach abgeschlossenem Studium das Amt übernommen, denn im Gegensatz zu den Studenten braucht er nicht mehr mit Repressalien während der Studienzeit zu rechnen.

14. 05. 1936

Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß verfügt in einem Erlass, dass kein studierendes Mitglied der Partei oder einer ihrer Gliederungen einer Studentenverbindung angehören dürfe. Gleichzeitig wird bestimmt, dass jeder Student der Partei oder einer ihrer Gliederungen angehören muss.

16.-18.05. 1936

Das Stiftungsfest der D.B.V. Alania soll in einfacher Form begangen werden. Es ist das 31. Stiftungsfest der alten Alania.

Der Erlass vom 14.05.1936 bedeutet jedoch das Ende für alle Studentenverbindungen. Daraufhin verständigen sich die Mitglieder der drei ehemaligen Vereine, die Aktivitas der D.B.V. Alania aufzulösen. Sie beraten das weitere Vorgehen in seperaten Konventen.

Der Konvent der alten Alania beschließt, das eingebrachte Inventar (Porzellan, Gläser, Wäsche, Vorhänge usw.) an BbBb zu verkaufen. Die Schränke gefüllt mit Büchern, den gesamten Wichs, die Vereinsfahne, sowie einzelne wertvolle Tische und Stühle können durch Vermittlung von AH DomkapitularJosef Ferche im fürstbischöflichen Konvikt in Sicherheit gebracht werden.

Die Standuhr, die bronzene Ehrentafel für die Gefallenen aus dem Weltkrieg, einige Akten, die Vereinsgeschichte, ein Sparkassenbuch und das Barvermögen nimmt Korporationsführer AH Josef Machon auf Beschluss des Konvents in seine Wohnung, um sie vor der Gestapo in Sicherheit zu bringen.

Einige Tage später erscheinen zwei Mitglieder des NSDStB und ein Beamter der Gestapo bei Josef Machon in der Wohnung und beschlagnahmen die Akten, das Bargeld und das Sparbuch des Vereins.

17. 05. 1936

Der Generalkonvent der D.B.V. Alania beschließt die Auflösung des Vereins. Die Alten Herren werden in einem Rundschreiben über das Ende informiert :

"Breslau, den 27.5.1936

Liebe Bundesbrüder!

Im Dezember des vergangenen Jahres erlebten wir den erhebenden Konvent mit dem einstimmigen Bekenntnis zur Fortführung der Korporation. Das Wintersemester lief in der gewohnten Weise ab. Eine rege Keiltätigkeit zu Beginn des Sommersemesters brachte uns vier Theologenfüchse. Während eines Wechsels des Altherren- und Korporationsführers bereitete die Aktivitas das 31. Stiftungsfest vor, das vom 16. bis 18.5. in einfacher Form begangen werden sollte. Zwei Tage vorher veröffentlichte der Stellvertreter des Führers die Verfügung, daß kein studierendes Mitglied der Partei oder einer ihrer Gliederungen einer Studentenverbindung angehören dürfte. Betroffen davon wurde die gesamte Aktivitas. Das Stiftungsfest sollte also das letzte sein. Der Generalkonvent beschloß am 17.5 die einzig mögliche Lösung: Die Auflösung unserer geliebten Korporation. Der Kommers am Abend wurde ihr Schwanengesang; die Grabreden sprachen Bb Dr. Machon für die Alten Herren und Bb Dr. Kindler für die Aktivitas. Sein letzter Salamander galt den höchsten Autoritäten in Kirche und Staat. Der Schlußakkord war der Alanenmarsch.

F u i t  A l a n I a ! "

Dieses "Fuit Alania" (Alania ist gewesen) besiegelt die erzwungene Selbstauflösung der D.B.V. Alania und beendet somit das offizielle Leben des Vereins.

05. 07. 1936

Im Kameradschaftsheim in der Altbüßerstraße 10/12 kommen 10 Alte Herren zusammen, um den "Bund ehemaliger Alanen" zu gründen. Unter dem Alterspräsidium von AH August Zwiener wird Josef Machon (Aln) zum Vorsitzenden gewählt. Die Alten Herren Karl Kaizik (Zo) und Karl Pohl (Aln) bilden den weiteren Vorstand.

12. 12. 1937

Unter der Leitung von Josef Machon treffen sich zahlreiche Alte Herren zu einer Weihnachtsfeier in der Weinhandlung von Hansen in Breslau.

20. 06. 1938

Auflösung des "Bundes ehemaliger Alanen".

In einem Erlass, der sich auf den § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. 02. 1933 bezieht, verfügt der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, mit sofortiger Wirkung die Auflösung der katholischen Studenten- und Akademikerverbände und ihrer Untergliederungen.

Mit dem Erlass soll der Nationalsozialistische Altherrenbund der Deutschen Studenten (NSAHB) gestärkt werden. Bisher haben sich viele Altherrenvereine geweigert, dem NSAHB beizutreten, insbesondere die katholischen Verbände.

Damit sind auch die Zusammenkünfte der Altherrenschaft als ehemaliger KVer verboten. Die Gestapo beschlagnahmt die Kameradschaftshäuser samt Inventar.

Auch nach der Zwangsauflösung des "Bundes ehemaliger Alanen" bleiben die Alten Herren in Verbindung. Sie treffen sich dazu mit BbBb aus den jeweiligen ehemaligen Vereinen in kleinen privaten Zirkeln. Diese Zusammenkünfte enden dann mit Beginn des Krieges, als die meisten zum Wehrdienst eingezogen werden.

Die Fahne und den Wichs der Alania entdeckt die Gestapo im fürstbischöflichen Konvikt. Beides wird auf die Feste Marienberg nach Würzburg gebracht. Dort soll ein Museum für studentisches Brauchtum entstehen.

01. 09. 1939

Der Zweite Weltkrieg beginnt.

Im Jahr 1939 zählt Breslau 630 000 Einwohner. Während des Krieges befindet sich die Stadt weitab von der Frontlinie und außerhalb der Reichweite der alliierten Luftwaffe. Sie gilt deshalb als ruhiges Gebiet, in das viele Menschen aus bombardierten Regionen evakuiert werden. Sie wird damals als "Luftschutzbunker" des III. Reiches bezeichnet.

29.09. 1940

Der Breslauer Kardinal Bertram spendet AH Domkapitular Josef Ferche die Bischofsweihe. Papst Pius XII. hat ihn zuvor am 16. 8. 1940 zum Weihbischof in Breslau bestellt.

25. 08.1944

In einem Geheimbefehl Hitlers wird das völlig unbefestigte Breslau zur "Festung" erklärt, die bis zuletzt verteidigt werden muss. Damit sollen starke Kräfte der Roten Armee auf dem Vormarsch nach Berlin gebunden werden. Die Bewohner der Stadt werden nicht informiert.

15. 01. 1945

Ab Mitte Januar steht die Rote Armee in breiter Front in Schlesien. Die sowjetischen Einheiten kommen immer näher an die Stadt heran, die sich mit Flüchtlingen füllt.

Zusammen mit den Flüchtlingen aus den Frontgebieten zählt Breslau nun ungefähr 1 Million Einwohner. Darunter befinden sich etwa 50 000 Soldaten, einschließlich der Hitlerjugend und den alten Männern des Volkssturms.

AH Weihbischof Josef Ferche bleibt mit weiteren Priestern in der Stadt und kümmert sich mit ihnen um die Seelsorge.

19. 01. 1945

Gauleiter Hanke befiehlt die Räumung der Stadt. Für eine geordnete Räumung, die er bislang kategorisch abgelehnt hat, ist es nun jedoch zu spät. Mit Ausnahme der kampffähigen Männer zwischen 16 und 60 Jahren soll die Zivilbevölkerung evakuiert werden.

Die Reichsbahn verfügt jedoch nicht mehr über die Anzahl von Zügen, um eine Großstadt wie Breslau zu evakuieren. Die Menschen strömen aber zu den Bahnhöfen, von denen die Züge nach Westen abgehen. Doch die wenigen Züge können die Massen nicht aufnehmen. Auf den Bahnhöfen bricht Panik aus, Kinder verlieren im Gewühl ihre Mütter oder werden von den Menschenmengen zerdrückt und zertrampelt.

20. 01. 1945

Mit Durchsagen aus den öffentlichen Lautsprechern werden Alte, Frauen und Mütter aufgefordert, umgehend die Stadt zu verlassen. Auch die Flüchtlinge müssen sofort weiter ziehen. Zehntausende alte Männer, Frauen und Mütter mit Kindern und Säuglingen müssen zu Fuß die Stadt verlassen. Mit dem Notwendigsten ihrer Habe in Kinderwagen, auf Handwagen, auf Schlitten und in Rucksäcken und ohne Versorgung müssen sie sich auf den Weg machen. Bei eisiger Kälte und Schnee kommen Tausende auf der Flucht um.

22. 01. 1945

Die Universität wird nach Dresden verlegt.

14. 02. 1945

Bis Mitte Februar haben ca. 700 000 Menschen Breslau verlassen. Weniger als 200 000 sind noch in der Stadt geblieben.

15. 02. 1945

Breslau wird von sowjetischen Truppen eingeschlossen. Es beginnt die 80 Tage dauernde Belagerung der Stadt. Die sowjetischen Soldaten dringen weiter auf die Stadt vor und nehmen Vororte ein. Während der Kämpfe werden ganze Viertel zerstört. Die Verteidiger sprengen Häuser und ganze Straßenzüge, damit sie ein besseres Schussfeld haben. Der Häuserkampf beginnt.

Nachdem der nahe der Stadt gelegene Flughafen Gandau von der Roten Armee eingenommen worden ist, gibt es von dort keinen Nachschub mehr. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist jedoch sichergestellt, da im Vorbereitung auf die "Festung" entsprechende Vorräte eingelagert worden sind. Zudem kann sich die Bevölkerung mit z.B. Lebensmitteln und Kohlen aus verlassenen und geräumten Häusern versorgen.

Um die Luftversorgung der "Festung" sicherzustellen, lässt der Stadtkommandant ein 1000 m langes und 300 m breites Rollfeld im Universitätsviertel entlang der Kaiserstraße anlegen. Dafür werden ganze Straßenzüge als Schneise weggesprengt. Das Gelände wird schließlich eingeebnet. Zwangsarbeiter, Breslauer Bürger, vor allem Frauen, Jugendliche und sogar Kinder, werden zu den Bauarbeiten gezwungen und sind dem russischen Beschuss schutzlos ausgesetzt. Tausende kommen dabei zu Tode.

Eine militärische Bedeutung erlangt die provisorische Startbahn jedoch nicht. Das Rollfeld wird nur einmal benutzt, als sich der Gauleiter mit einem Leichtflugzeug aus Breslau absetzt.

AH Weihbischof Fosef Ferche bleibt mit weiteren 40 Priestern in der eingeschlossenen Stadt.

01./02. 04. 1945

Während der Osterfeiertage erlebt Breslau das bisher schwerste Bombardement. Dabei werden mehrere tausend Bomben auf die Stadt abgeworfen. Phosphorbomben setzen ganze Straßenzüge in Brand.

02. 05. 1945

Die Rote Armee erobert Berlin. Um 15 Uhr kapitulieren die letzten deutschen Einheiten in der Hauptstadt

04. 05. 1945

Eine Abordnung der Breslauer Geistlichkeit (AH Weihbischof Fosef Ferche, Kanonikus Kramer, der evangelische Stadtdekan Dr. Konrad und Pfarrer Honig) fordern den Festungskommandanten vergeblich auf, den sinnlosen Kampf aufzugeben.

05. 05. 1945

Der Gauleiter setzt sich aus Breslau ab.

06. 05. 1945

Der Festungskommandant unterschreibt die Kapitulation Breslaus.

Ganze Stadtviertel sind unbewohnbar geworden. Viele Industriebetriebe sind zerstört und wertvolle Kulturdenkmäler sind nur noch Ruinen.

In der Stadt befinden sich etwa 160 000 Deutsche, vor allem Frauen und Kinder sowie Ältere. In Arbeitslagern sind tausende Zwangsarbeiter eingesperrt. Es sind hauptsächlich Polen, aber auch Arbeiter aus vielen anderen Ländern Europas.

Flucht und Vertreibung der meisten Alanen aus der schlesischen Heimat. Viele überleben die Anstrengungen und Entbehrungen der Vertreibung nicht. Die mittellosen Überlebenden finden in Mittel- und Westdeutschland eine neue Heimat.

Von den 187 namentlich bekannten Mitgliedern des Vereins vor der Auflösung im Jahre 1936 sind 61 im Krieg gefallen oder Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geworden, bei der Vertreibung ums Leben gekommen oder an den Kriegsfolgen gestorben.

09. 05. 1945

Erste Vertreter der polnischen Behörden kommen nach Breslau. Der sowjetische Stadtkommandant überträgt ihnen die Vollmacht zur Verwaltung der Stadt. Die noch verbliebenen deutschen Einwohner müssen ihre Wohnungen für polnische Familien räumen, die in die Stadt kommen.

02. 08. 1945

Nach dem Potsdamer Abkommen beginnt die Ansiedlung der polnischen Bevölkerung, die vor allem aus dem ehemaligen Ostpolen stammt, und die Aussiedlung der Deutschen. Ende 1945 wohnen in Breslau schon 53 000 Polen. Die noch in Breslau lebende Anzahl der Deutschen nimmt stetig ab. Im Februar 1946 sind es noch 110 600, Ende 1946 nur noch 18 000 und im November 1947 noch 4205.

15. 09. 1945

AH Weihbischof Josef Ferche wird ausgewiesen. Er geht zunächst in die Sowjetische Besatzungszone und danach nach Westdeutschland.

Herbst 1945

Bei einer Fahrt nach Breslau besucht die Ehefrau von AH Josef Machon noch einmal ihre Wohnung, in der seit dem Eimarsch der Roten Armee Polen wohnen. Die Standuhr und die Bronzetafel der Alania befinden sich noch in der Wohnung.

Im November beginnen die Universität und die Technische Hochschule mit ihrem Studienbetrieb. Die Lehrkräfte kommen hauptsächlich aus Lemberg und Krakau.

30. Juni 1946

Stadtdekan Joachim Konrad feiert in der Elisabethkirche einen Abschiedsgottesdienst für die noch in Breslau lebenden Deutschen.

01. 07. 1946

Auf Anordnung des polnischen Zivilkommissars müssen die noch in Breslau verbliebenen Deutschen an diesem Tag bis 12 Uhr mittags endgültig ihre Heimatstadt verlassen.

Auch in den übrigen Gebieten Schlesiens hat die gesamte deutsche Bevölkerung das polnische Staatsgebiet zu verlassen. Es dürfen nur 20 kg Gepäck mitgenommen werden. Nur diejenigen, die eine Sonderbescheinigung vorweisen können, dürfen bleiben.

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